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AUSSTELLUNG DAS VERBRANNTE GESETZ VON AYTEN MUTLU SARAY


«Nichts ist verloren, alles fängt erst an. Die Hoffnung lebt dort, wo man anfängt an ihr zu zweifeln»

Am 17. Dezember 2010 hat sich der Tunesische Gemüsehändler Mohamed Bouazizi in Sidi Bouzid (Tunesien) vor den Augen des Rathauses verbrannt. Dieser persönliche Akt des Widerstandes von Bouazizi gegen eine willkürlich agierende Staatsmacht wurde sofort von der Jugendbewegung, von Kunstschaffenden und Intellektuellen als Symbol der Freiheit übernommen. Während dieser historischen Revolte in Tunesien wurden alle staatlichen Einrichtungen, darunter Gerichte und Gemeindehäuser niedergebrannt. Der tunesische Widerstand am 17. Dezember 2010 fand seinen Ausdruck im Feuer, das sich gegen die Architektur der Herrschaft richtete. Kennzeichnend für diesen Widerstand durch Feuer war die breite Partizipation der Bevölkerung. Die Fassade der Herrschaftsarchitektur wurde vor allem durch das einfache Volk, durch junge Männer, Frauen, Mütter und Väter, in Brand gesteckt. Der Brand symbolisiert auch die Absolutheit des Aktes, die völlige Zerstörung des Alten: Es gab kein Zurück mehr, der Weg zur Freiheit war plötzlich offen. Die Funken des ersten Widerstandes in Tunesien wanderten von einem Land zum anderen und stellten die bis jetzt etablierten politischen Systeme und ihre Unterstützer an den Pranger. Das Motiv des Feuers fand sich allerdings auch auf der anderen Seite wieder. Im Anschluss an die oben geschilderten Ereignisse wurde beobachtet, dass undefinierte Gruppierungen, darunter auch Polizisten, alles was in den Gebäuden war, zerstörten und auch anzündeten. Es galt, alle Archive, alle Dokumente, Zeugnisse der Verhandlungen und Strafen zu verbrennen.


In ihrer Videoinstallation «Das verbrannte Gesetz» porträtiert die Basler Kunstschaffende Ayten Mutlu Saray diese Geschehnisse rund um Jasminrevolution und bewegt sich damit an der Schnittstelle zwischen dokumentarischer Aufzeichnung und poetischer Verdichtung. Im Zentrum der Installation steht so das Nachdenken über den Themenkomplex Diktatur, Demokratie und Sharia anhand des Beispiels Tunesien. Dabei kombiniert Ayten Mutlu Saray in ihre Ausstellung Bilddokumente mit realen Objekten und erzeugt damit eine Atmosphäre der Ambivalenz, eine Zerrissenheit zwischen Aufbruch und Vernichtung, die für die Akteure der Jasminrevolution prägend war.

Das Projekt «Das verbrannte Gesetz» ist im Rahmen eines iaab-Reisestipendiums entstanden.
Atelier Mondial hat sich entschieden, seinen neuen Ausstellungsraum Salon Monidal mit diesem künstlerischen Statement eines Aufbruchs einzuweihen, das nicht nur das ein Zeichen für interkulturelles Verständnis, sondern auch als ein politisches Bekenntnis zu den manchmal schwierigen, brennenden Wegen der Demokratie verstanden werden kann.


Ayten Mutlu Saray
beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit grundlegenden Ambivalenzen zwischen Innen und Aussen, mit materieller Wirklichkeit und ihrem komplexen Ausdruck und mit der Vereinigung von Authentizität und Poetik. Ihre Arbeiten wurden bereits am Filmfestival Cannes, dem Rotterdam Filmfestival und dem Filmfestival Locarno gezeigt. Sie studierte Sozialanthropologie und Kommunikationswissenschaften an der Universität Fribourg und der Freien Universität Berlin und besuchte die l‘Ecole Supérieure d’art visuelle in Genf. Neben ihren akademischen Tätigkeiten an der Kunstschule Genf und der Universität Basel führt sie verschiedene Post-Art House Filmkunstprojekte in Europa, Asien, dem Mittleren Osten und Afrika durch. Sie erhielt nationale und internationale Kunst- und Kulturstipendien (2005 Simon Patino Atelier Cité international d’Art, Paris, 2008 Rotary International Kulturstipendium, Los Angeles, IAAB Reisestipendium 2013, Berlinale Talent Campus 2014).


Das verbrannte Gesetz von Ayten Mutlu Saray

Kuratiert von: Alexandra Stäheli und Ayten Mutlu Saray
Sound: Dion Monti
Projektassistenz: Clare Kenny
Dauer der Ausstellung: 21.11. bis 7.12.

Daten: Fachsimpeln am 3.12. um 19h. Ein Künstlergespräch mit Dr. Andrea Domesle, Kunsthistorikerin

The Burned law, Video-links:
https://www.youtube.com/watch?v=5dheCGNiNLo
https://www.youtube.com/watch?v=bIfTCM5Xbcw


Dauer: 21.11.2014 - 07.12.2014